Gipfel der Ungerechtigkeit muss Gipfel der Gerechtigkeit werden

30. Juni 2017

Hilde Mattheis, unterstützt die Initiative des Sternmarsches gegen den bevorstehenden G20-Gipfel:

„Es ist Zeit für eine andere Politik“, erklärt Mattheis. Die Schere zwischen arm und reich habe sich in den vergangenen Jahren immer weiter geöffnet – nicht nur zwischen armen und reichen Ländern, sondern auch innerhalb der G20-Staaten. „Schuld daran ist die neoliberale Politik, die zu einer weitgehenden Deregulierung und damit zu einer entfesselten Finanzwirtschaft, einem erbarmungslosen Wettbewerb sowie Steuer- und Sozialdumping geführt hat“, stellt die SPD-Politikerin fest. Leidtragende seien, wie immer, die Schwächsten: Fischer und Landwirte in Entwicklungsländern, die durch eine aggressive Agrarpolitik ihrer Lebensgrundlage beraubt werden, ArbeitnehmerInnen, die sich von einem befristeten Vertrag zum nächsten durchhangeln und Arbeitslose, um nur einige Beispiele zu nennen.

„Damit muss jetzt Schluss sein“, fordert Mattheis. „Wir brauchen endlich ein faires Welthandelssystem. Dafür müssen sich die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel einsetzen. Wir dürfen die Bauern des globalen Südens nicht durch Billigexporte aus den Industriestaaten kaputtmachen. Wir müssen aufhören, die Küsten von Afrika mit unseren Fangflotten leerzufischen. Die G20-Staaten müssen dafür sorgen, dass große milliardenschwere Unternehmen endlich angemessen hohe Steuern zahlen. Denn deren Steuervermeidungstaktiken bringen die Staaten jährlich um milliardenhohe Einnahmen, die dringend für Investitionen in Bildung, Soziales und Gesundheit benötigt würden. In Deutschland brauchen wir endlich eine faire Erbschaftssteuer und eine Vermögenssteuer. Denn die Wohlhabendsten unserer Gesellschaften müssen sich endlich entsprechend ihrer Möglichkeiten an der Bekämpfung der Ungerechtigkeit beteiligen.“

Bericht DL21-Frühjahrstagung am 31. März und 1. April

4. April 2017

Am 31. März und 1. April 2017 fand in Berlin die DL21-Frühjahrstagung „Linke Perspektive 2017 – Erwartungen an die SPD“ statt.

 

Linke Sicherheitspolitik

Am Vorabend der Tagung diskutierten 50 TeilnehmerInnen mit Harald Baumann-Hasske (AsJ-Bundesvorsitzender), Prof. Dr. Rosemarie Will (Humanistische Union) und Dr. Jan Stöß (SPD-Bundesvorstandsmitglied) über das Thema Linke Sicherheitspolitik. Ausgangspunkt bildete der Terroranschlag vom 19. Dezember 2016 in Berlin und die darauffolgenden Gesetzesverschärfungen.

Diesen stand Harald Baumann-Hasske kritisch gegenüber. Die Regelungen seien eigentlich schon ausreichend, es fehle aber der Vollzug. Die Polizei habe zu wenig Personal und die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden lasse ebenfalls zu wünschen übrig. Zum Fall Anis Amri stellte Baumann-Hasske fest, dass dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit in Abschiebehaft genommen hätte werden können, da er schon straffällig geworden sei.  Sehr kritisch äußerte er sich über den Begriff des Gefährders. Denn die meisten Gefährder in Deutschland besäßen die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie könnten also gar nicht abgeschoben werden. Wir müssten uns daher fragen, warum sich deutsche Staatsbürger radikalisieren und überlegen, was wir präventiv tun könnten, wo soziale Brennpunkte seien und wieso wir über Sozialarbeit diese Entwicklung nicht erkennen und gegensteuern könnten.

Zudem ging Baumann-Hasske auf das Unsicherheitsgefühl der Bevölkerung ein. Obwohl die Kriminalität in den letzten Jahren abgenommen habe, sei das Unsicherheitsgefühl gestiegen. Das hänge auch mit der fehlen sozialen Sicherheit zusammen. Wenn sie fehle, steige nämlich auch das Unsicherheitsgefühl.

Zum Thema Flüchtlinge erklärte er, das Problem sei nicht die Bewältigung der Unterbringung der Geflüchteten gewesen, sondern die Angst der Politiker, dass die Menschen die Schutzsuchenden nicht aufnehmen wollten.

Prof. Dr. Rosemarie Will sagte, es sei klar gewesen, dass die Sicherheitsgesetze verschärft werden würden, sobald ein Anschlag in Deutschland geschehe. Wie Baumann-Hasske konstatierte auch sie ein Vollzugsdefizit. Sie stellte fest, dass Deutschland sich nach und nach immer weiter in Richtung eines Überwachungsstaates entwickele. In diesem Zusammenhang kritisierte sie auch die Vorratsdatenspeicherung. Diese sei aus bürgerrechtlicher Perspektive höchst bedenklich. Hoffnung gebe allerdings das Urteil der EuGH, das die schwedische Vorratsdatenspeicherung gerade gekippt habe. Es sei möglich, dass auch die deutsche Version wieder revidiert werde.

Mit Blick auf die die Geheimdienste zeigte Will sich äußerst kritisch. Sie forderte, Kompetenzen von Geheimdiensten weg und hin zur Polizei zu verlagern. Sie kritisierte, dass so getan werde, als seien Grundrechte nichts wert und die Befugnisse des Staates immer mehr erweitert würden. Dadurch kämen wir als SPD permanent in die Defensive.

Jan Stöß kritisierte mit Blick auf die Vorratsdatenspeicherung, die Rolle, die die SPD in diesem Zusammenhang gespielt hatte. Es sei nicht die Rolle der SozialdemokratInnen gewesen, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Der neuen Bedrohung durch den Terrorismus müsse man durch verstärkte Polizeipräsenz begegnen, nicht mit der Einschränkung von Bürgerrechten. Diesen Ansatz verfolge etwa die rot-rot-grüne Koalition in Berlin. Er plädierte außerdem dafür die Debatte nicht um innere, sondern um öffentliche Sicherheit zu führen. Denn auf öffentliche Sicherheit seien die Leute angewiesen, die sich Sicherheit nicht kaufen können.

Einig waren sich alle Teilnehmerinnen, dass weder Videoüberwachung, noch Fußfesseln geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Anschlägen sind. Die DL 21 wird im Sommer eine Veranstaltung zum Themenbereich öffentliche Sicherheit anbieten.

 

Mitgliederversammlung

Am Samstag fand zunächst die Mitgliederversammlung mit Neuwahlen des Vorstandes statt. In ihrer Eröffnungsrede ging die DL21-Vorsitzende, Hilde Mattheis, auch auf die aktuelle Lage der SPD ein. Die GenossInnen dürften sich von der Kritik an der Partei nach der Saarlandwahl nicht beeindrucken lassen. Stattdessen sollten wir uns besser über die zahlreichen Eintritte in SPD und DL freuen und uns davon motivieren lassen.  Umfragewerte seien allerdings keine Wahlergebnisse.

Nachfolgend berichtete sie über die Arbeit der DL21 in den vergangenen zwei Jahren. Der Schwerpunkt habe weiterhin darauf gelegen, die Mitgliedschaft einzubinden und die Basisarbeit zu verbessern. Sie verwies auf die vergangenen Tagungen und zahlreichen Dialog-Veranstaltungen der DL. Darunter auch die Frühjahrstagung in Erfurt 2015, auf der es bei einer rot-rot-grünen Podiumsdiskussion, an der auch Ministerpräsident Ramelow teilgenommen hatte, um die Arbeit dieser progressiven Koalition gegangen war. Die Tagung habe gezeigt, dass Rot-Rot-Grün ein Modell für den Bund sein kann stellte Mattheis fest.

Die Erarbeitung der Positionen für ein linkes Wahlprogramm sei für die DL 21 wieder basisorientiert organisiert worden. Diese werden nun als Vorlage für Anträge angeboten.

Inhaltlich sei es in den vergangenen zwei Jahren neben der Vorbereitung auf die Bundestagswahl außerdem um Vorratsdatenspeicherung, CETA und Flüchtlingspolitik gegangen. Ein weiteres Thema sei die geplante Infrastrukturgesellschaft und die damit verbundene Gefahr von ÖPP. „Wir sind nicht da, um Banken und Versicherungen zu Renditegeschäfte zu verhelfen,“ stellte Mattheis klar.

Mattheis zeigte sich darüber erfreut, dass die Positionen der DL21 mit dem Werben für mehr Gerechtigkeit jetzt wieder im Mainstream der Partei sei. Sie forderte die Anwesenden dazu auf, das Angebot von Martin Schulz, dass die Parteiflügel ihre Forderungen in die SPD einbringen könnten, anzunehmen.

Abschließend verwies sie auf die steigenden Mitgliederzahlen der DL21 und die bestehenden Kooperationen mit AfA, Jusos, AG Mig und den Falken.

Bei den anschließenden Wahlen wurde Hilde Mattheis einstimmig wiedergewählt. Als StellvertreterInnen wurden Knut Lambertin, Lino Leudesdorff, Ulla Meurer und Ülker Radziwill, MdA mit breiter Unterstützung gewählt. Neuer Schatzmeister der DL21 wurde der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding.

Als BeisitzerInnen wurden gewählt: Ulrike Breth, Alf-Tomas Epstein, Michael Groß, MdB, Rita Hagl-Kehl MdB, Dierk Hirschel, Christian Kleiminger, Dietmar Köster, MdEP, Matthias Miersch, MdB, Mechthild Rawert, MdB, Detlev Pilger, MdB, Hauke Schmiegel, Ewald Schurer, MdB, Stefan Stache, Josephin Tischner, Simon Witsch und Burkhard Zimmermann.

 

Erwartungen an die SPD im Wahljahr 2017

Vortrag und Diskussion mit Frank Bsirske

Am Nachmittag ging es dann an die Erwartungen, die Gewerkschaften, Verbände und NGOs an die SPD haben. Den Auftakt machte der ver.di-Vorsitzende, Frank Bsirske. In seiner Rede ging er auf drei Handlungsfelder ein, die für seine Gewerkschaft zentral seien. 1. Rentenversicherung und paritätische Krankenversicherung, 2. Sichere Arbeit und Stärkung des Tarifsystems, 3. Handlungsfähiger Staat. Dabei traten zahlreiche Überschneidungen zwischen den Zielen von ver.di und der DL21 zutage.

Hinsichtlich des ersten Handlungsfeldes betonte Bsirske die Bedeutung der Sicherung des Rentenniveaus. Dies müsse ab 2020 wieder auf 50 Prozent gehoben werden, der Beitragssatz solle nicht über 25 Prozent steigen. Um das zu ermöglichen, müsse der Bundeszuschuss jährlich um 32, Milliarden Euro erhöht werden.  Außerdem müsse die Rente von GeringverdienerInnen aufgestockt werden, damit sie über das Grundsicherungsniveau kämen. All diese Forderungen finden sich auch im Programm der DL21 wieder. Bsirske verwies außerdem auf die Erwerbsminderungsrenten, die angehoben werden müssten – ein Punkt, dem die DL21 mit Sicherheit nicht widerspricht.

Mit Blick auf das zweite Themenfeld ging Bsirske vor allem auf die Tarifbindung ein, die verbessert werden müsse. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen solle erleichtert werden. Zudem solle die Mitbestimmung erweitert und prekarisierter Arbeit (Minijobs, Leiharbeit, Scheinselbstständigkeit und sachgrundloser Befristung) entgegengewirkt werden. Auch diese Ziele werden von der DL21 geteilt.

Beim dritten Themenfeld, handlungsfähiger Staat, ging es vor allem um staatliche Investitionen, um etwa das unterfinanzierte Bildungssystem zu stärken und mehr sozialen Wohnungsbau zu schaffen. Hohe Vermögen und Erbschaften müssten daher angemessen besteuert werden, die Abgeltungssteuer solle abgeschafft werden. Er kritisierte außerdem die Fokussierung auf die schwarze Null, was in Zeiten von Negativzinsen nicht haltbar sei. All diese Punkte finden sich auch in den Programmbausteinen der DL21 wieder.

 

Podiumsdiskussion

In der anschließenden Podiumsdiskussion stellten Wilhelm Schmidt (Präsident AWO), Hubert Weiger (Bundesvorsitzender BUND), Ellen Ehmke (Oxfam), Lisi Maier (Deutscher Frauenrat) und Julia Duchrow (Brot für die Welt) ihre Forderungen an die SPD im Wahljahr vor.

Wilhelm Schmidt betonte die Bedeutung von sozialer Gerechtigkeit. Um dies zu erreichen brauche es eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine Erbschaftssteuer, die reiche Erben angemessen belaste. Darüber hinaus müsse Bildung von Anfang an, also von der Kita an, kostenfrei sein. Um diese Forderungen durchzusetzen müsse man Bündnisse schmieden und diese nutzen, um Veränderung zu ermöglichen. Innerhalb der SPD müsse es zudem erträglich sein, linke Kritik am aktuellen Kurs zu formulieren.

Julia Duchrow ging auf das Thema Flucht und Migration ein. Hier habe die SPD in der großen Koalition viel Vertrauen verspielt. Eine neue Regierung müsse mehr tun, um Flüchtlinge zu schützen. Das individuelle Recht auf Asyl müsse bestehen bleiben. Wichtig sei außerdem die strukturelle Bearbeitung der Fluchtursachen. Die Politik der der EU müsse in allen Bereichen darauf untersucht werden, ob sie nicht zu weiteren Fluchtursachen führt. Rüstungsexporte müssten gestoppt werden und stattdessen ziviles Engagement gefördert werden

Flucht und Migration war auch ein Thema von Lisi Maier. Sie kritisierte, dass Deutschland zurzeit die schärfste Asylgesetzgebung seit Ende des Zweiten Weltkriegs habe. Durch die Aussetzung des Familiennachzugs hätten Frauen oft gar nicht mehr die Chance, den Gefahren von Krieg und Gewalt zu entkommen, da die Flucht für Frauen besonders gefährlich sei. Die deutsche Familienpolitik betreffend forderte sie das Elterngeld Plus auszubauen, und falsche Fördermodelle, wie etwa das Ehegattensplitting, nicht weiter auszubauen.

Hubert Weiger verwies auf den Zusammenhang von ökologischer und sozialer Gerechtigkeit. Durch den menschengemachten Klimawandel würden Milliarden von Erdbewohnern ihrer Existenzgrundlage beraubt. Um dem entgegenzuwirken bräuchten wir einen starken Staat bzw. eine starke Staatengemeinschaft, die sich nicht als Wegbereiter für Finanzinteressen verstehe, sondern das Gemeinwohl im Fokus habe. Es seien vor allem die Ärmsten, die auf Umweltschutz angewiesen seien. Die Reichen brächten sich nämlich schon rechtzeitig selbst in Sicherheit, die Ärmsten saufen im wahrsten Sinne des Wortes ab.

Ellen Ehmke machte deutlich, dass Gerechtigkeit, nicht ohne weltweite Gerechtigkeit denkbar sei. Wir könnten unseren Wohlstand nicht auf Kosten von Menschen des globalen Südens erwirtschaften. Dazu müsse etwa die Steuervermeidung von Unternehmen angegangen werden. Die SPD sollte sich hier für internationale Regelungen einsetzen (sowohl auf europäischer als auch auf UN-Ebene). Kritisch blickte sie auf das Modell einer großen Koalition. Denn in so einer Regierungskonstellation seien die guten DL-Forderungen nicht durchsetzbar.

 

Liebe Genossinnen und Genossen, auch der neue Vorstand sieht sich in der Pflicht und Tradition, diese breiten Debatten zu führen und für linke Impulse in der SPD zu sorgen. Über eure Unterstützung freuen wir uns.

 

 

Gleiche Macht. Gleiche Zeit. Gleiches Geld.

8. März 2017

Zum Weltfrauentag fordert Hilde Mattheis eine gerechte Verteilung von Macht, Zeit und Geld.

„Seit der Einführung des Weltfrauentages hat sich in Sachen Gleichberechtigung viel getan. Von einer gerechten Verteilung von Macht, Zeit und Geld sind wir jedoch noch weit entfernt – auch in Deutschland. Immer noch verdienen Frauen weniger Geld als Männer, tragen die Hauptlast der Sorgearbeit und sind in den Führungsetagen großer Unternehmen stark unterrepräsentiert. Das muss sich ändern“, fordert Hilde Mattheis.

„Mit der Einführung einer Frauenquote von 30% für Aufsichtsräte in börsennotierten, mitbestimmungspflichtigen Unternehmen und dem auf den Weg gebrachten Gesetz zur gleichen Entlohnung von Frauen und Männern hat die SPD schon einiges für die Frauen im Land getan“, so Mattheis. „Aber das reicht nicht. Um unsere Vision einer menschlichen Gesellschaft umzusetzen, muss die Frauenquote ausgeweitet werden. Darüber hinaus müssen die sozialen Berufe, in denen vor allem Frauen tätig sind, aufgewertet werden. Wir brauchen bei diesen Berufen eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Zentral ist außerdem das Aufbrechen von Rollenbildern. Dazu kann auch das von Ministerin Schwesig vorgeschlagene Modell der Familienarbeitszeit beitragen. Dadurch würden Männer und Frauen endlich gleichermaßen in die Pflicht genommen, sich um den gemeinsamen Nachwuchs zu kümmern.“

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