Bericht: DL21-Frühjahrstagung am 14./15. März 2025

17. März 2025

Am 14. und 15. März 2025 fand in Nürnberg unserer diesjährige Frühjahrstagung statt, auf der wir uns mit dem Ergebnis der Bundestagswahl, dem verabschiedeten Sondierungspapier und den laufenden Koalitionsverhandlungen befasst haben. Den Auftakt der Tagung bildete am Freitagabend ein Input von Julia Bläsius, Leiterin des Referats Politische Beratung und Impulse der FES. Sie hob dabei einige Besonderheiten dieser Wahl hervor. So sei etwa die Stimmung in der Bevölkerung vor der Wahl auf einem Tiefstand gewesen: eine Mehrheit von 76% sei der Meinung gewesen, die Dinge in Deutschland liefen in die falsche Richtung. Die Kanzlerkandidaten aller Parteien seien so unbeliebt wie nie zuvor gewesen und in den Umfragen habe es seit dem Bruch der Ampelkoalition kaum Bewegung gegeben. Bei der tieferen Analyse des Votums falle auf, dass die SPD bei den Arbeiter:innen herbe Stimmenverluste in Kauf habe nehmen müssen. Julia Bläsius wies in diesem Zusammenhang auf die Veränderung der Arbeiter:innenklasse hin. Sie sei zum einen weiblicher und migrantischer geworden, zum anderen spiele der Dienstleistungssektor dort inzwischen eine größere Rolle. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass sich diese Klasse inzwischen politisch nicht mehr repräsentiert fühlt.

Mit Blick auf die wichtigsten Themen für die Wahlentscheidung der Menschen stellte Julia Bläsius klar, dass die Frage der Migrationspolitik von den Wähler:innen nur als das viertwichtigste Thema genannt wurde. „Frieden und Sicherheit“, „Wirtschaft“ und „Soziale Gerechtigkeit“ hätten für die Menschen eine größere Bedeutung gehabt.

Ein weiterer zentraler Punkt ihres Inputs war der Wahlerfolg der AfD. In diesem Zusammenhang präsentierte sie die Vorabergebnisse einer Studie für die FES, in der es um den Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von Daseinsvorsorge und den Stimmen für die AfD geht. Dabei zeige sich, dass überall dort, wo es eine gute Daseinsvorsorge gebe, die Stimmanteile für die AfD geringer seien. Allerdings spiele dieser Zusammenhang in Ostdeutschland eine geringere Rolle. Diese Ergebnisse zeigten auch, wie wichtig es sei, in eine gute Daseinsvorsorge zu investieren. Für die kommende Legislaturperiode und die voraussichtliche Regierungsbeteiligung der SPD schlussfolgerte Julia Bläsius, dass in der Regierung die sozialdemokratische Handschrift sichtbar sein müsse – etwa durch Gute Arbeit, Umverteilung von Oben nach Unten und einen handlungsfähigen Staat. Zudem müsse die SPD ihre Haltung zur Migration klären und eine Lösung finden, die im Einklang mit ihren Grundwerten stehe.

Am Samstag ging es in einer Podiumsdiskussion, an der Parteivorstandsmitglied Sebastian Roloff (MdB), die stellvertretende DL-Vorsitzende und SPD-Bundestagskandidatin Anja König, der bayerische Juso-Vorsitzende Benedict Lang und Heinz Oesterle aus dem Bundesvorstand der AG60+ teilnahmen, um die Lage der SPD und der SPD-Linken nach der Wahl. Die Podiumsteilnehmer:innen berichteten zunächst von ihren Erfahrungen im Wahlkampf, der in den ländlichen Gebieten und vor allem in Ostdeutschland auch von Übergriffen durch AfD-Anhänger gekennzeichnet war. Sie berichteten außerdem davon, wie schwierig es teilweise gewesen sei, Mitglieder für den aktiven Wahlkampf zu motivieren. Das schlechte Abschneiden der SPD wurde vor allem damit erklärt, dass die Partei in den vergangenen Jahren zu weit nach rechts gerückt sei. Mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen und den bevorstehenden Mitgliederentscheid wurde kritisiert, dass es nur die Möglichkeit geben werde, diesem zuzustimmen oder ihn abzulehnen, obwohl es theoretisch auch möglich sei, diesen abzulehnen und Nachverhandlungen zu fordern. Dieser Punkt wurde auch von den anwesenden Tagungsteilnehmer:innen bemängelt. In der Diskussion im Plenum dominierten vor allem die Themen Migration, Frieden und Soziales. Die Teilnehmer:innen zeigten sich von den Ergebnissen der Sondierungsgespräche vor allem in diesen Politikfeldern enttäuscht. Eine Verschärfung im Bereich der Migrationspolitik lehnten sie durchgehend ab und bedauerten, dass sich die SPD dieses Thema im Wahlkampf habe „aufdrängen lassen“. Die SPD hätte sich ihrer Meinung nach dieser Debatte entgegenstellen müssen. Mit Sorge blickten viele der Anwesenden auch auf die anstehenden Mehrausgaben für Verteidigung und forderten, stattdessen müsse eine neue Ära der Abrüstung initiiert werden. Kritisch wurde auch die angestrebte Ausweitung der Arbeitszeit und die Verschärfung der Sanktionen für Bürgergeldbezieher:innen gesehen. Ein weiteres Thema, das in der Diskussion breiten Raum einnahm, war die geplante Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse. Hier wurde zum einen bemängelt, dass diese nur für Verteidigungsausgaben ausgesetzt werden solle. Zum anderen wurde aber auch breite Kritik daran geübt, dass die Abstimmung darüber noch im alten Bundestag erfolgen solle.

Schließlich haben wir ausgiebig über eine Stellungnahme zum Sondierungsergebnis debattiert. Zentral war dabei die Feststellung, dass wir als SPD wieder einen Klassenstandpunkt einnehmen und die Interessen der Menschen vertreten müssen, die von Lohnarbeit abhängig sind oder waren, eine Lohnarbeit suchen oder unbezahlte Sorgearbeit leisten. Einen Klassenkampf von oben, wie er von der Union unter Friedrich Merz angestrebt wird, dürfen wir dagegen als SPD nicht mittragen. Die Stellungnahme findet ihr hier.

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