Bericht DL21-Frühjahrstagung am 31. März und 1. April

4. April 2017

Am 31. März und 1. April 2017 fand in Berlin die DL21-Frühjahrstagung „Linke Perspektive 2017 – Erwartungen an die SPD“ statt.

 

Linke Sicherheitspolitik

Am Vorabend der Tagung diskutierten 50 TeilnehmerInnen mit Harald Baumann-Hasske (AsJ-Bundesvorsitzender), Prof. Dr. Rosemarie Will (Humanistische Union) und Dr. Jan Stöß (SPD-Bundesvorstandsmitglied) über das Thema Linke Sicherheitspolitik. Ausgangspunkt bildete der Terroranschlag vom 19. Dezember 2016 in Berlin und die darauffolgenden Gesetzesverschärfungen.

Diesen stand Harald Baumann-Hasske kritisch gegenüber. Die Regelungen seien eigentlich schon ausreichend, es fehle aber der Vollzug. Die Polizei habe zu wenig Personal und die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden lasse ebenfalls zu wünschen übrig. Zum Fall Anis Amri stellte Baumann-Hasske fest, dass dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit in Abschiebehaft genommen hätte werden können, da er schon straffällig geworden sei.  Sehr kritisch äußerte er sich über den Begriff des Gefährders. Denn die meisten Gefährder in Deutschland besäßen die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie könnten also gar nicht abgeschoben werden. Wir müssten uns daher fragen, warum sich deutsche Staatsbürger radikalisieren und überlegen, was wir präventiv tun könnten, wo soziale Brennpunkte seien und wieso wir über Sozialarbeit diese Entwicklung nicht erkennen und gegensteuern könnten.

Zudem ging Baumann-Hasske auf das Unsicherheitsgefühl der Bevölkerung ein. Obwohl die Kriminalität in den letzten Jahren abgenommen habe, sei das Unsicherheitsgefühl gestiegen. Das hänge auch mit der fehlen sozialen Sicherheit zusammen. Wenn sie fehle, steige nämlich auch das Unsicherheitsgefühl.

Zum Thema Flüchtlinge erklärte er, das Problem sei nicht die Bewältigung der Unterbringung der Geflüchteten gewesen, sondern die Angst der Politiker, dass die Menschen die Schutzsuchenden nicht aufnehmen wollten.

Prof. Dr. Rosemarie Will sagte, es sei klar gewesen, dass die Sicherheitsgesetze verschärft werden würden, sobald ein Anschlag in Deutschland geschehe. Wie Baumann-Hasske konstatierte auch sie ein Vollzugsdefizit. Sie stellte fest, dass Deutschland sich nach und nach immer weiter in Richtung eines Überwachungsstaates entwickele. In diesem Zusammenhang kritisierte sie auch die Vorratsdatenspeicherung. Diese sei aus bürgerrechtlicher Perspektive höchst bedenklich. Hoffnung gebe allerdings das Urteil der EuGH, das die schwedische Vorratsdatenspeicherung gerade gekippt habe. Es sei möglich, dass auch die deutsche Version wieder revidiert werde.

Mit Blick auf die die Geheimdienste zeigte Will sich äußerst kritisch. Sie forderte, Kompetenzen von Geheimdiensten weg und hin zur Polizei zu verlagern. Sie kritisierte, dass so getan werde, als seien Grundrechte nichts wert und die Befugnisse des Staates immer mehr erweitert würden. Dadurch kämen wir als SPD permanent in die Defensive.

Jan Stöß kritisierte mit Blick auf die Vorratsdatenspeicherung, die Rolle, die die SPD in diesem Zusammenhang gespielt hatte. Es sei nicht die Rolle der SozialdemokratInnen gewesen, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Der neuen Bedrohung durch den Terrorismus müsse man durch verstärkte Polizeipräsenz begegnen, nicht mit der Einschränkung von Bürgerrechten. Diesen Ansatz verfolge etwa die rot-rot-grüne Koalition in Berlin. Er plädierte außerdem dafür die Debatte nicht um innere, sondern um öffentliche Sicherheit zu führen. Denn auf öffentliche Sicherheit seien die Leute angewiesen, die sich Sicherheit nicht kaufen können.

Einig waren sich alle Teilnehmerinnen, dass weder Videoüberwachung, noch Fußfesseln geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Anschlägen sind. Die DL 21 wird im Sommer eine Veranstaltung zum Themenbereich öffentliche Sicherheit anbieten.

 

Mitgliederversammlung

Am Samstag fand zunächst die Mitgliederversammlung mit Neuwahlen des Vorstandes statt. In ihrer Eröffnungsrede ging die DL21-Vorsitzende, Hilde Mattheis, auch auf die aktuelle Lage der SPD ein. Die GenossInnen dürften sich von der Kritik an der Partei nach der Saarlandwahl nicht beeindrucken lassen. Stattdessen sollten wir uns besser über die zahlreichen Eintritte in SPD und DL freuen und uns davon motivieren lassen.  Umfragewerte seien allerdings keine Wahlergebnisse.

Nachfolgend berichtete sie über die Arbeit der DL21 in den vergangenen zwei Jahren. Der Schwerpunkt habe weiterhin darauf gelegen, die Mitgliedschaft einzubinden und die Basisarbeit zu verbessern. Sie verwies auf die vergangenen Tagungen und zahlreichen Dialog-Veranstaltungen der DL. Darunter auch die Frühjahrstagung in Erfurt 2015, auf der es bei einer rot-rot-grünen Podiumsdiskussion, an der auch Ministerpräsident Ramelow teilgenommen hatte, um die Arbeit dieser progressiven Koalition gegangen war. Die Tagung habe gezeigt, dass Rot-Rot-Grün ein Modell für den Bund sein kann stellte Mattheis fest.

Die Erarbeitung der Positionen für ein linkes Wahlprogramm sei für die DL 21 wieder basisorientiert organisiert worden. Diese werden nun als Vorlage für Anträge angeboten.

Inhaltlich sei es in den vergangenen zwei Jahren neben der Vorbereitung auf die Bundestagswahl außerdem um Vorratsdatenspeicherung, CETA und Flüchtlingspolitik gegangen. Ein weiteres Thema sei die geplante Infrastrukturgesellschaft und die damit verbundene Gefahr von ÖPP. „Wir sind nicht da, um Banken und Versicherungen zu Renditegeschäfte zu verhelfen,“ stellte Mattheis klar.

Mattheis zeigte sich darüber erfreut, dass die Positionen der DL21 mit dem Werben für mehr Gerechtigkeit jetzt wieder im Mainstream der Partei sei. Sie forderte die Anwesenden dazu auf, das Angebot von Martin Schulz, dass die Parteiflügel ihre Forderungen in die SPD einbringen könnten, anzunehmen.

Abschließend verwies sie auf die steigenden Mitgliederzahlen der DL21 und die bestehenden Kooperationen mit AfA, Jusos, AG Mig und den Falken.

Bei den anschließenden Wahlen wurde Hilde Mattheis einstimmig wiedergewählt. Als StellvertreterInnen wurden Knut Lambertin, Lino Leudesdorff, Ulla Meurer und Ülker Radziwill, MdA mit breiter Unterstützung gewählt. Neuer Schatzmeister der DL21 wurde der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding.

Als BeisitzerInnen wurden gewählt: Ulrike Breth, Alf-Tomas Epstein, Michael Groß, MdB, Rita Hagl-Kehl MdB, Dierk Hirschel, Christian Kleiminger, Dietmar Köster, MdEP, Matthias Miersch, MdB, Mechthild Rawert, MdB, Detlev Pilger, MdB, Hauke Schmiegel, Ewald Schurer, MdB, Stefan Stache, Josephin Tischner, Simon Witsch und Burkhard Zimmermann.

 

Erwartungen an die SPD im Wahljahr 2017

Vortrag und Diskussion mit Frank Bsirske

Am Nachmittag ging es dann an die Erwartungen, die Gewerkschaften, Verbände und NGOs an die SPD haben. Den Auftakt machte der ver.di-Vorsitzende, Frank Bsirske. In seiner Rede ging er auf drei Handlungsfelder ein, die für seine Gewerkschaft zentral seien. 1. Rentenversicherung und paritätische Krankenversicherung, 2. Sichere Arbeit und Stärkung des Tarifsystems, 3. Handlungsfähiger Staat. Dabei traten zahlreiche Überschneidungen zwischen den Zielen von ver.di und der DL21 zutage.

Hinsichtlich des ersten Handlungsfeldes betonte Bsirske die Bedeutung der Sicherung des Rentenniveaus. Dies müsse ab 2020 wieder auf 50 Prozent gehoben werden, der Beitragssatz solle nicht über 25 Prozent steigen. Um das zu ermöglichen, müsse der Bundeszuschuss jährlich um 32, Milliarden Euro erhöht werden.  Außerdem müsse die Rente von GeringverdienerInnen aufgestockt werden, damit sie über das Grundsicherungsniveau kämen. All diese Forderungen finden sich auch im Programm der DL21 wieder. Bsirske verwies außerdem auf die Erwerbsminderungsrenten, die angehoben werden müssten – ein Punkt, dem die DL21 mit Sicherheit nicht widerspricht.

Mit Blick auf das zweite Themenfeld ging Bsirske vor allem auf die Tarifbindung ein, die verbessert werden müsse. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen solle erleichtert werden. Zudem solle die Mitbestimmung erweitert und prekarisierter Arbeit (Minijobs, Leiharbeit, Scheinselbstständigkeit und sachgrundloser Befristung) entgegengewirkt werden. Auch diese Ziele werden von der DL21 geteilt.

Beim dritten Themenfeld, handlungsfähiger Staat, ging es vor allem um staatliche Investitionen, um etwa das unterfinanzierte Bildungssystem zu stärken und mehr sozialen Wohnungsbau zu schaffen. Hohe Vermögen und Erbschaften müssten daher angemessen besteuert werden, die Abgeltungssteuer solle abgeschafft werden. Er kritisierte außerdem die Fokussierung auf die schwarze Null, was in Zeiten von Negativzinsen nicht haltbar sei. All diese Punkte finden sich auch in den Programmbausteinen der DL21 wieder.

 

Podiumsdiskussion

In der anschließenden Podiumsdiskussion stellten Wilhelm Schmidt (Präsident AWO), Hubert Weiger (Bundesvorsitzender BUND), Ellen Ehmke (Oxfam), Lisi Maier (Deutscher Frauenrat) und Julia Duchrow (Brot für die Welt) ihre Forderungen an die SPD im Wahljahr vor.

Wilhelm Schmidt betonte die Bedeutung von sozialer Gerechtigkeit. Um dies zu erreichen brauche es eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine Erbschaftssteuer, die reiche Erben angemessen belaste. Darüber hinaus müsse Bildung von Anfang an, also von der Kita an, kostenfrei sein. Um diese Forderungen durchzusetzen müsse man Bündnisse schmieden und diese nutzen, um Veränderung zu ermöglichen. Innerhalb der SPD müsse es zudem erträglich sein, linke Kritik am aktuellen Kurs zu formulieren.

Julia Duchrow ging auf das Thema Flucht und Migration ein. Hier habe die SPD in der großen Koalition viel Vertrauen verspielt. Eine neue Regierung müsse mehr tun, um Flüchtlinge zu schützen. Das individuelle Recht auf Asyl müsse bestehen bleiben. Wichtig sei außerdem die strukturelle Bearbeitung der Fluchtursachen. Die Politik der der EU müsse in allen Bereichen darauf untersucht werden, ob sie nicht zu weiteren Fluchtursachen führt. Rüstungsexporte müssten gestoppt werden und stattdessen ziviles Engagement gefördert werden

Flucht und Migration war auch ein Thema von Lisi Maier. Sie kritisierte, dass Deutschland zurzeit die schärfste Asylgesetzgebung seit Ende des Zweiten Weltkriegs habe. Durch die Aussetzung des Familiennachzugs hätten Frauen oft gar nicht mehr die Chance, den Gefahren von Krieg und Gewalt zu entkommen, da die Flucht für Frauen besonders gefährlich sei. Die deutsche Familienpolitik betreffend forderte sie das Elterngeld Plus auszubauen, und falsche Fördermodelle, wie etwa das Ehegattensplitting, nicht weiter auszubauen.

Hubert Weiger verwies auf den Zusammenhang von ökologischer und sozialer Gerechtigkeit. Durch den menschengemachten Klimawandel würden Milliarden von Erdbewohnern ihrer Existenzgrundlage beraubt. Um dem entgegenzuwirken bräuchten wir einen starken Staat bzw. eine starke Staatengemeinschaft, die sich nicht als Wegbereiter für Finanzinteressen verstehe, sondern das Gemeinwohl im Fokus habe. Es seien vor allem die Ärmsten, die auf Umweltschutz angewiesen seien. Die Reichen brächten sich nämlich schon rechtzeitig selbst in Sicherheit, die Ärmsten saufen im wahrsten Sinne des Wortes ab.

Ellen Ehmke machte deutlich, dass Gerechtigkeit, nicht ohne weltweite Gerechtigkeit denkbar sei. Wir könnten unseren Wohlstand nicht auf Kosten von Menschen des globalen Südens erwirtschaften. Dazu müsse etwa die Steuervermeidung von Unternehmen angegangen werden. Die SPD sollte sich hier für internationale Regelungen einsetzen (sowohl auf europäischer als auch auf UN-Ebene). Kritisch blickte sie auf das Modell einer großen Koalition. Denn in so einer Regierungskonstellation seien die guten DL-Forderungen nicht durchsetzbar.

 

Liebe Genossinnen und Genossen, auch der neue Vorstand sieht sich in der Pflicht und Tradition, diese breiten Debatten zu führen und für linke Impulse in der SPD zu sorgen. Über eure Unterstützung freuen wir uns.

 

 

Gleiche Macht. Gleiche Zeit. Gleiches Geld.

8. März 2017

Zum Weltfrauentag fordert Hilde Mattheis eine gerechte Verteilung von Macht, Zeit und Geld.

„Seit der Einführung des Weltfrauentages hat sich in Sachen Gleichberechtigung viel getan. Von einer gerechten Verteilung von Macht, Zeit und Geld sind wir jedoch noch weit entfernt – auch in Deutschland. Immer noch verdienen Frauen weniger Geld als Männer, tragen die Hauptlast der Sorgearbeit und sind in den Führungsetagen großer Unternehmen stark unterrepräsentiert. Das muss sich ändern“, fordert Hilde Mattheis.

„Mit der Einführung einer Frauenquote von 30% für Aufsichtsräte in börsennotierten, mitbestimmungspflichtigen Unternehmen und dem auf den Weg gebrachten Gesetz zur gleichen Entlohnung von Frauen und Männern hat die SPD schon einiges für die Frauen im Land getan“, so Mattheis. „Aber das reicht nicht. Um unsere Vision einer menschlichen Gesellschaft umzusetzen, muss die Frauenquote ausgeweitet werden. Darüber hinaus müssen die sozialen Berufe, in denen vor allem Frauen tätig sind, aufgewertet werden. Wir brauchen bei diesen Berufen eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Zentral ist außerdem das Aufbrechen von Rollenbildern. Dazu kann auch das von Ministerin Schwesig vorgeschlagene Modell der Familienarbeitszeit beitragen. Dadurch würden Männer und Frauen endlich gleichermaßen in die Pflicht genommen, sich um den gemeinsamen Nachwuchs zu kümmern.“

Rente als Lebensstandardsicherung für alle Bürger Stärkung des gesetzlichen Rentensystems

13. Januar 2017

von Eberhard Brucker

1. Die Rente reicht nicht zum Leben

Es hat sich herumgesprochen: Die Rente ist nicht mehr sicher. Die Gesetze insbesondere aus den Jahren 2001-2004 haben ein starkes Sinken der gesetzlichen Rente bewirkt. Lag das Rentenniveau 1985 noch bei 57,4% des durchschnittlichen Jahresarbeitsentgelts, so heute nur noch bei 47,5% (1) und wird voraussichtlich bis 2045 auf 41,6% sinken (2). Die staatlich subventionierte private kapitalgedeckte Riester-Rente sollte ab 2001 diese Absenkung nicht nur ausgleichen, sondern sogar noch zu einer zusätzlichen Rentensteigerung beitragen. Nach bald 15 Jahren ist aber festzustellen: Die Absenkung der gesetzlichen Rente ist wie gewollt eingetreten, der Ausgleich über eine private kapitalgedeckte Rente hat aber für die meisten der Versicherten nicht stattgefunden. Das Rentenniveau wurde damit in den letzten 30 Jahren um 18% abgesenkt; eine Absenkung, die noch um weitere 10% auf insgesamt 28% erhöht werden soll. Das Rentenkonzept ist gescheitert. Für viele droht nun die Altersarmut.

D.h. 48% der Männer und 90% der Frauen bekommen bereits heute eine Versichertenrente, die weniger als 1.050 € beträgt, bei den Witwen sind es sogar 95%.

Ursachen des Scheiterns:

In den Jahren der Absenkung der gesetzlichen Rente war diese im großen Umfange von niedrigen Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung begleitet. Die stagnierenden Löhne über viele Jahre hinweg und die millionenfach gebrochenen Arbeitsbiographien durch Arbeitslosigkeit, befristete Arbeitsverträge, Leiharbeit, unfreiwilliger Teilzeitarbeit und Scheinselbständigkeit führten zu niedrigen Einzahlungen in die Rentenversicherung und damit zu niedrigen Renten bzw. Anwartschaften auf eine gesetzliche Rente.

Bei den privaten kapitalgedeckten Rentenversicherungsverträgen (Riester u.a.) werden 75% aller auf 30 Jahre abgeschlossenen Verträge vorzeitig gekündigt. Der Durchschnittskunde verliert dabei 5.275 €. (3) Nur 35-40% der möglichen Teilnehmer an einer solchen Versiche-rung haben sie auch. (4) Seit 2001 wurden mehr als 16 Mio. Versicherungsverträge mit einer Riester-Förderung abgeschlossen. Aktuell gibt es nur noch 11 Mio. Verträge und fast ein Fünftel dieser Verträge ist ruhig gestellt, d.h. es wird kein Geld mehr eingezahlt. (5) Die unteren Schichten der Bevölkerung sind mit ihren Einzahlungen finanziell überfordert. Die hohen Verwaltungskosten dieser Verträge von 10-20% bei Banken und Versicherungen schmälern das angesparte Rentenkapital erheblich und die niedrigen Zinsen lassen es kaum weiter ansteigen.

2. Ein Vergleich mit Rentensystemen anderer Länder:

Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass eine Altersarmut wegen einer Rente, die nicht mehr den Lebensstandard absichert, in vergleichbaren Ländern nicht gegeben ist:

Schweiz (6)

Das schweizerische Rentensystem zahlt gegenwärtig eine Mindestrente von 1.175€. (7)

In der Bundesverfassung steht, dass die AHV (Alters- und Hinterlassenversicherung) die Existenz sichern soll. Die Höhe der AHV-Rente ist nach oben und unten begrenzt. Die Maximalrente ist doppelt so hoch wie die Minimalrente. In der Schweiz erhält knapp die Hälfte aller Rentenbezüger die AHV-Maximalrente. (8)

Alle sind verpflichtet, in die AHV einzuzahlen, auch Beamte, Selbständige, Hausfrauen und Vermögende. Es gibt keine Beitragsbemessungsgrenze (in DE 2017: 6.200 €), d.h. verdient jemand mehr als diese 6.200 €, zahlt er in der Schweiz weiter einen Anteil von 8,4% an die Sozialversicherung, den sich Arbeitnehmer/ Arbeitsgeber teilen. Die Auszahlung ist aber auf die AHV-Maximalrente beschränkt.

Dies ist nur die erste Säule der Rentenversorgung. Es gibt noch zwei weitere, eine berufliche und eine private Vorsorge. Ein Kostenvergleich in der Schweiz zeigt, dass die umlage-finanzierte Rente AHV in der Schweiz Verwaltungskosten von kaum 1% hat, während die zweite Säule ein kapitalgedecktes Versorgungssystem Kosten in Höhe von 14% aufweisen. (9)

Österreich

In der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) zahlen auch Selbständige ein. Beamte werden sukzessive mit einbezogen. Während in Deutschland im Durchschnitt 1.050 Euro monatliche Altersrente bezogen wird (Männer zw. 35-45 Jahren Einzahldauer), werden in Österreich in einer vergleichbaren Gruppe 1.560 Euro gezahlt, bei 14 Auszahlungen.

„Auch Geringverdiener sind nach Analyse der Wissenschaftler im österreichischen System merklich besser abgesichert. Neben dem höheren Rentenniveau sichern die von der Renten-versicherung ausbezahlten, steuerfinanzierten „Ausgleichszulagen“ mit rund 12.000 Euro jährlich (für Alleinstehende) Rentnern ein merklich höheres Mindesteinkommen.

Die deutlich höheren GRV-Leistungen in Österreich sind mit einem deutlich höheren Beitragssatz verbunden. Er beträgt seit 1988 unverändert 22,8 %, in Deutschland sind es im Jahr 2015 18,7 %. Rechnet man in Deutschland 4 Prozent Beitragssatz zur Riester-Vorsorge hinzu, dann sind die Beitragssätze in beiden Ländern fast gleich hoch. Dabei tragen die österreichischen Arbeitgeber einen höheren Anteil am Rentenbeitrag als die Beschäftigten (12,55 % gegenüber 10,25 %), während es in Deutschland umgekehrt ist, wenn man die Beiträge zur Riester-Rente mit einrechnet.

Die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft haben die höheren Lohnneben-kosten zur Alterssicherung offenbar nicht gebremst … Auch bei einem höheren Renten-beitrag und insgesamt stärker steigenden Arbeitskosten seit der Jahrtausendwende hat sich die österreichische Wirtschaft in diesem Zeitraum deutlich kräftiger entwickelt. Während das Bruttoinlandsprodukt in Österreich von 2000 bis 2014 um 23 % zunahm, betrug das Wirtschaftswachstum in Deutschland 17 %. Die Erwerbstätigkeit nahm in Österreich um 15 % zu, in Deutschland um 7 %. Auch die Arbeitsproduktivität pro Stunde wuchs in Österreich (19 %) stärker als beim Nachbarn (17 %), gleichzeitig legten die nominalen Arbeitnehmer-entgelte in der Alpenrepublik kräftiger zu.“ (10)

Fazit:

Für viele reicht die Rente nicht, um den Lebensstandard abzusichern. Die Zahl der Betrof-fenen wird in den nächsten Jahren drastisch ansteigen. Deutschland nimmt im inter-nationalen Vergleich der Industrieländer lt. OECD beim gesetzlichen Rentenniveau einen Platz am unteren Rand ein, während Österreich relativ weit oben rangiert. (11)

3.Volkswirtschaftliche Auswirkungen der verschiedenen Rentensysteme

a) Auswirkung auf Nachfrage, Sozialversicherungen und Steuern

  • Gesetzliches Rentensystem im Umlageverfahren: Die Unternehmen bezahlen ihre Angestellten. Die Angestellten zahlen Rentenbeiträge in die Rentenversicherung ein. Die Rentenversicherung zahlt an die Rentner aus. Die Rentenbeiträge werden unmittelbar im gleichen Jahr wieder zu Nachfrage und daraus folgenden Steuereinnahmen samt Einzahlungen in die Sozialversicherungen.
  • Für die staatlichen Pensionen gilt das Gleiche: Der Staat zieht Steuern ein und bezahlt mit ihnen die Pensionen seiner Beamten, so dass die Steuern unmittelbar wieder zu Nachfrage werden.
  • Private kapitalgedeckte Rente: Die Unternehmen bezahlen ihre Beschäftigten. Die Beschäftigten zahlen in die private Rentenversicherungen ein. Die privaten Rentenversicherungen kaufen Rentenpapiere, Immobilien … Auf die Rentenpapiere erhalten die privaten Rentenversicherungen von den Staaten und Unternehmen Zinsen bzw. Dividenden, von den Immobilien Mieteinnahmen … Mit den Beiträgen, Zinsen, Dividenden und Mieteinnahmen wird ein Kapital-stock aufgebaut. Aus dem Kapitalstock zahlen die privaten Rentenversicherungen die Rente an ihre Rentner aus. Die Sparphase über ca. 35-45 Jahre zum Aufbau eines Kapitalstocks aus Beiträgen, Zinsen, Dividenden und Mieteinnahmen verringert die Nachfrage und daraus folgend auch die Steuereinnahmen und die Einzahlungen in die Sozial-Versicherungen. Erst bei Auszahlung des Kapitalstocks an die Rentner ab Alter 67 wird das angesparte Rentenkapital dann über einen Zeitraum von weiteren ca.15-20 Jahren schrittweise wieder zu Nachfrage und zu daraus folgenden Steuer-einnahmen samt Einzahlungen in die Sozialversicherungen. Es gibt den Einwand, dass es mit den Sparbeiträgen nur zu einer Umschichtung im Sparverhalten und damit zu keinem Nachfrageausfall komme. Für die einkommensschwachen Schichten der Bevölkerung, die sehr wenig sparen (können), trifft dies eindeutig nicht zu. Die Riester-Rente hat es bewiesen. Und auch alle Personen, die größere Ausgaben planen, wie z.B. größere Anschaffungen zur Wohnungseinrichtung, den Kauf eines Autos oder eine Urlaubsreise, müssen unabhängig davon ihr bisheriges Sparverhalten fortsetzen. Dies gilt vor allem auch für diejenigen, die sich eine Immobilie kaufen wollen oder auch schon gekauft haben. D.h. das Ansparen für eine kapitalgedeckte Rente ist überwiegend ein zusätzliches Sparen und damit eine Verschiebung der Nachfrage auf spätere Jahrzehnte.

Fazit:

Bei allen drei Verfahren wird deutlich, dass alle Zahlungen, egal ob Rentenbeiträge, Steuern, Zinsen, Dividenden oder Mieten, im laufenden Jahr erwirtschaftet werden müssen und damit von der volkswirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Der Unter-halt der Rentner muss jedes Jahr aufs Neue erwirtschaftet werden, egal ob in Form von Abzügen vom Lohn der Beschäftigten oder der auszuzahlenden Gewinne bzw. Dividenden oder in Form von Steuern an den Staat.

Anstatt zu sparen und damit die Nachfrage und mit dieser die Einzahlungen in die Sozialversicherungen sowie die Steuereinnahmen zu schwächen, sollte der Staat umgekehrt alles tun, um die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung zu fördern, d.h. die Nachfrage stärken und so auch die Einzahlungen in die Sozialversicherungen und die Steuerkasse verbessern.

Im Zuge der jüngsten Finanzkrise hat sich gezeigt, dass sich die erwartete höhere Stabilität kapitalgedeckter Finanzierungsformen gegenüber einer alleinigen Umlage-finanzierung nicht bestätigt hat. Im Gegenteil: Das Umlageverfahre hat die Finanz-krise deutlich besser überstanden als die kapitalgedeckten Lebensversicherungen. (12)

b) Das Finanzkapital der Rentenfonds und die Finanzkrisen

Das für die kapitalgedeckten Renten gesammelten Finanzkapital wird an den Börsen angelegt, trägt auf der Suche nach möglichst hohen Renditen zu den Finanzkrisen bei und erleidet dabei hohe Verluste, so in der Finanz- und Immobilienkrise 2007/2008, in der „lt. OECD die privaten Alterssicherungsfonds weltweit 5,4 Billionen US-Dollar an Wert verloren haben; ein Einbruch um 23 Prozent.“ (12) Das Kapital der Renten-fonds ist dem Wirtschaftskreislauf entzogen. Angesichts der immensen Summe an Kapital, das weltweit auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten ist, wird das Renten-kapital nicht als Leihkapital in Industrie und Dienstleistungsgewerbe benötigt. Würde es als Nachfrage der Rentner ausgegeben, würde dies die Entwicklung der Wirtschaft, die Einnahmen von Sozialversicherungen und die des Staates stärken.

c) Unternehmen und Beschäftigte unter dem Druck der Rentenfonds

Die Rentenfonds üben mit dem bei ihnen angesparten Finanzkapital über seine Anlage an den Börsen einen massiven Druck auf die Unternehmen und damit auf die Arbeitsbedingungen und Bezahlung der Beschäftigten aus, um möglichst hohe Dividenden und Wertsteigerungen ihrer Wertpapiere zu erreichen. Dabei ist es völlig widersinnig, dass die Beschäftigten, in ihrem Bemühen, sich eine Zusatzrente zu beschaffen, die Betriebe über die Börsen lohn- und arbeitspolitisch und damit sich selber zusätzlich unter Druck setzen. Die Folgen sind allseits bekannt: befristete Arbeitsverträge, Leiharbeit, ungewollte Teilzeitarbeit, Out-Sourcing, unbezahlte Überstunden und drohende Verlagerungen ins Ausland …

d) Niedrige Renten als eine der Ursachen der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung und ihrer Nachfrage

Neben den niedrigen Löhnen führen auch die niedrigen Renten zu der schwachen Nachfrage in Deutschland, was die Industrie seit Jahren dazu veranlasst, auf den Export auszuweichen. Die niedrigen Löhne erlaubten in den letzten Jahren eine beispiellose Exportoffensive, mit der Folge, dass der Exportanteil mittlerweile 50% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ausmacht. Dem nicht genug, der Exportüberschuss liegt inzwischen bei 250 Mrd. € im Jahr bzw. 9% des BIP. Über die letzten Jahre haben sich diese Überschüsse auf 1,5 Billionen € aufsummiert. Nur, was der eine mehr hat, das hat der andere weniger. Was der eine mehr arbeitet, das arbeiten die anderen weniger. Deutschlands Überschüsse sind die Schulden anderer Länder und tragen zu der hohen Arbeitslosigkeit vor allem der Südländer bei. Dieses Ungleichgewicht geht auf Dauer nicht gut. Das Risiko ist ganz erheblich, dass diese Länder ihre Schulden nicht werden bezahlen können, so dass Deutschland massive Verluste in Milliarden-höhe drohen. (Im Fall Griechenland sind sie bereits eingetreten). Deswegen muss dieses Ungleichgewicht im Interesse aller Länder abgebaut werden. Ein Weg hierzu ist u.a. die Anhebung der Renten, die die Nachfrage stärken und damit den Binnen-markt beleben würde, so dass ausländische Anbieter größere Chancen hätten, mehr nach Deutschland zu exportieren, was bei ihnen die Arbeitslosigkeit und in Deutschlands die Exportüberschuss reduzieren würde.

4) Produktivität

Von den Kritikern des gesetzlichen Rentensystems wird die demographische Entwicklung angeführt: Die Lebenserwartung steigt. Seit 1960 hat sich die Dauer der Laufzeiten der zu bezahlenden Renten verdoppelt (13) und gleichzeitig ist die Anzahl der Geburten in den letzten 35 Jahren um 200.000 zurückgegangen.

Dem ist gegenzuhalten, dass eine Volkswirtschaft nicht stagniert, sondern ihre Leistungsfähigkeit bzw. Produktivität laufend verbessert. Am Beispiel der Landwirtschaft lässt sich das gut nachvollziehen: Ein Bauer hat um 1900 herum vier Menschen ernähren können, im Jahr 1950 waren es dann 10, 1960 17, 1980 47, 2000 127 und heute sind es schon 133 Menschen. (14)

Gleiches gilt für die Rentner: „Der Anteil der Rentner hat sich in 100 Jahren mehr als verdreifacht: von unter 5 % im Jahre 1900 auf über 17 % im Jahre 2000. Zusätzlich hat sich der Jugendanteil mehr als halbiert. Und die Rente? Sie ist in den 100 Jahren von fast gar nichts auf einen im Schnitt recht guten Standard im Jahr 2000 angewachsen. Zusätzlich konnten sogar die notwendigen Arbeitszeiten drastisch reduziert werden. Im letzten Jahrhundert war also die heute ständig geäußerte These vom sinkenden Rentenniveau bei wachsender Zahl der Älteren absolut falsch. … Ursache dieser positiven Entwicklung: der Produktivitätsfort-schritt. Genau der wird heute aber aus fast allen Überlegungen zu Rente und Demografie ausgeklammert. Stattdessen wird mit nackten Bevölkerungszahlen für die nächsten 50 Jahre Angst gemacht. Angeblich wissenschaftlich wird daraus ein sinkendes Rentenniveau hergeleitet und damit die Notwendigkeit privater Rente begründet, wie etwa das Riestern. … Beträgt der Produktivitätsfortschritt in den nächsten 50 Jahren durchschnittlich nur ein Prozent – und das ist eine sehr pessimistische Prognose für unsere Wettbewerbswirtschaft – so würden im Jahr 2060 in jeder Arbeitsstunde zwei Drittel mehr als heute hergestellt. Damit wäre ein Arbeitnehmer in der Lage, seinen Anteil für die gesetzliche Rente auf 20 Prozent zu verdoppeln und hätte trotzdem noch fast 50 Prozent mehr in der Tasche. Selbst ein absurd hoher Arbeitnehmer-Anteil von 30 Prozent für die Rente ließe ihm noch 28 Prozent mehr in seiner Tasche.“ (15)

5) Für eine Stärkung der umlagefinanzierten Rente

Ein umlagefinanziertes Rentensystem kann für alle den Lebensstandard sichern. Es ist möglich, wie unser Blick auf unsere Nachbarn gezeigt hat. Und das umlagefinanzierte Rentensystem schneidet gegenüber einem kapitalgedeckten Rentensystem deutlich besser ab:

  • Es vermeidet die langfristige Verschiebung der Nachfrage durch die 35-45 Jährige Ansparphase mit der sich daran anschließenden Auszahlphase von weiteren 15-20 Jahren und damit die Schwächung der Nachfrage samt Schwächung der Einnahmen der Sozialversicherungen und der Steuern für den Staat bzw. der wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt.
  • Es vermeidet die erheblichen, inflationsbedingten Kaufkraftverluste der kapital-gedeckten Rente zum Zeitpunkt ihrer Auszahlung, da die Verzinsung nicht immer die Inflation ausgleicht.
  • Es vermeidet, dass das angesparte Finanzkapital der kapitalgedeckten Renten an den Börsen zu den Finanzkrisen beiträgt und von dort massiven Druck auf die Arbeitsbedingungen und Gehälter der Beschäftigten ausübt, um die Ertragslage ihrer Finanzanlagen zu verbessern. Es ist völlig unsinnig, dass die Beschäftigten, in ihrem Bemühen, sich eine Zusatzrente zu beschaffen, die Betriebe über die Börsen lohnpolitisch und damit sich selber zusätzlich unter Druck setzen, mit den allzu bekannten Folgen: befristete Arbeitsverträge, Leiharbeit, ungewollte Teilzeitarbeit, Out-Sourcing, drohende Verlagerungen ins Ausland …
  • Es vermeidet, dass das angesparte Rentenkapital von den Banken, Versicherung und Pensionsfonds auf der Suche nach hohen Renditen auch im Ausland angelegt wird und dort erheblichen Risiken ausgesetzt ist. In den Krisen in Griechenland und Spanien gingen deutschen Banken und Versicherungen Milliarden verloren. Bei einer Anlage in Nicht-EURO-Ländern kommen ganz erhebliche Währungsrisiken noch hinzu.
  • Das umlagefinanzierte Rentensystem führt zu höheren Renten und trotzdem besserer wirtschaftlicher Entwicklung.

Die Diskussion in der Großen Koalition geht leider in die falsche Richtung. Der Ausbau der kapitalgedeckten Betriebsrenten ist das Ziel, wobei nicht nur keine Verzinsung – in welcher Höhe auch immer – mehr garantiert werden soll, sondern noch nicht einmal mehr die einge-zahlten Beträge. (16) Die Finanzwirtschaft mit ihren Banken, Versicherungen, Rentenfonds u.a.m. können sich schon jetzt freuen.

Wenn Parteien aber trotzdem den Weg zu einer kapitalgedeckten Rentenversorgung verstärkt gehen wollen und eine solche sogar für die Beamten eingerichtet haben, dann nur deswegen, weil die Zahlungen in Form von Dividenden politisch neutral erscheinen. Es gibt hier keine öffentlichen Diskussionen wie über die Höhe der Rentenbeiträge. Die Höhe der Dividenden erscheint dagegen als naturgegeben und damit als unbeeinflussbar. Und soweit es die Dividendeneinnahmen für die Pensionen der Beamten angeht, so wird in der Öffent-lichkeit verschleiert, dass es sich auch hier um einen Teil der staatlichen Ausgaben handelt. Sie werden nur nicht über den Weg einer Besteuerung finanziert.

Die staatlichen Subventionen für kapitalgedeckte Renten und Betriebsrenten mit ihren hohen Verwaltungskosten bei Banken und Versicherungen (10-20%) sind stattdessen bei der gesetzlichen Rentenversicherung (Kosten von 1,4%) (17) besser aufgehoben. Andere Länder machen es vor, andere Länder haben bessere Rentenregelungen. Dabei ist das Thema „Rente“ nicht von der Frage zu trennen, wie der gesellschaftliche Reichtum, der jedes Jahr aufs Neue erarbeitet wird, zwischen Unternehmern und Beschäftigten aufgeteilt wird. Und nachdem sich in den letzten Jahren die Einkommensverhältnisse stark zuungunsten der Beschäftigten und zugunsten der Vermögenden verschoben haben, ist es jetzt an der Zeit, die Lebensverhältnisse insbesondere der einkommensschwachen Gesellschaftsschichten zu stabilisieren und zu verbessern, was auch die Altersarmut bei den Rentner betrifft. Deswegen:

Stärkung der Gesetzlichen Rentenversicherung

i.S. einer Bürgerversicherung für alle.

Schrittweise kann dieses mit folgenden Maßnahmen erreicht werden:

  • Anhebung des Rentenbeitrages
  • Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze
  • Paritätische Einzahlung von Unternehmern und Beschäftigten in die Gesetzliche Rentenversicherung
  • Kopplung der Rentenentwicklung an die Lohnentwicklung
  • Ausweitung des Kreises der Einzahler auf die Selbstständigen und Beamten mit großzügiger Übergangsregelung
  • Einführung eines Grundfreibetrages für den Niedriglohnbereich
  • Keine staatlichen Subventionen mehr für eine private kapitalgedeckte Rente. Wer eine solche als Ergänzung zur Gesetzlichen Rentenversicherung wünscht, kann diese selbstverständlich auch weiterhin auf privater Basis abschließen

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  1. Keineswegs sicher, in: SZ v. 16.4.2016
  2. Öchsner, Thomas: Dramatische Prognose für die Rente, in: SZ v. 29.9.2016
  3. http://www.spiegel.de/wirtscha_/soziales/grundsicherung-mehr-menschenauf-unterstuetzung-angewiesen-a-1047035.html v. 6.8.2015, 20.1.2017
  4. https://www.deutsche-rentenversicherung.de/cae/servlet/contentblob/232620/publicationFile/54129/grundsicherung_hilfe_fuer_rentner.pdf, S. 14, 20.1.2017
  5. http://www.gdv.de/2014/11/deutlich-mehr-rentner-sind-auf-grundsicherung-angewiesen/ v. 5.11.2014, 20.1.2017
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  20. Öchsner, Thomas: In den Händen des Marktes. Bei der Reform der Betriebsrenten steigt das Risiko für die Arbeitnehmer, warnen Experten, in: SZ v. 28.11.2016
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